Die bestehenden Geschäftsfelder und -modelle der Kreditinstitute sind zu einem großen Anteil auf finanzorientierte Produkte und Services ausgerichtet. Insbesondere durch die aktuelle Niedrigzins- bzw. Nullzins-Politik der EZB gehen die Gewinne der Kreditinstitute signifikant zurück und müssen zusätzlich für Einlagen bei der Notenbank Strafzinsen entrichten.
Für viele Kreditinstitute stellen sich richtungsweisend folgende strategische Fragen:
Wie kann dem zunehmenden Verlust bzw. die Abhängigkeit von Zinsgeschäften begegnet werden?
Welche Opportunitäten können durch die vorhandenen Strukturen der Kreditinstitute zur Erhöhung der Einnahmen im „non-interest“ Bereich genutzt werden?
Wie können die Kreditinstitute den Marktschwankungen und dem absehbaren Wettbewerbsdruck insbesondere durch die FinTechs in Bezug auf Smart Everything mit einem innovativen Geschäftsmodell begegnen?
Die Kreditinstitute sind gezwungen, die Geschäftsbeziehungen zu ihren Bestandskunden weiter zu intensivieren und neue Mehrwertstrukturen in der Interaktion von Kundenbedarfen und Geschäftsabläufen zu implementieren. Dafür ist nicht nur ein ausgeprägtes Wissen über den Kunden und seine Bedarfe notwendig, sondern auch der Ausbau zusätzlicher Geschäftsmodelle und Mehrwertservices im hart umkämpften Finanzmarkt. Zinsneutrale Einnahmen können den Kreditinstituten zusätzliche Erträge bieten und die Kundenbindung fundamental steigern. Erste Lösungsmodelle für die Firmenkunden tendieren dazu, Firmenkunden eigene bankspezifische Leistungen mit den Firmenkundenservices/ -produkten zu integrieren und diese als Paketservicelösungen anzubieten.
Der Markt finanziert den Nutzen
Die Firmenkunden der Kreditinstitute produzieren in ihren Unternehmen spezifische Leistungen, Services oder Produkte, welche an deren Kunden (Endkunden) verkauft werden. Die Kernkompetenzen bestehen in der Bereitstellung und Produktion der eigenen Produkte oder Dienstleistungen. Auf der Suche nach Optimierung und Einsparpotentialen bei Firmenkunden, können neue Geschäftsmodelle zinsneutraler Finanzserviceangebote der Kreditinstitute die Flexibilität, Produktivität und Schnelligkeit bei den Firmenkunden erhöhen.. Entsprechende Leistungen können als Services in Form einer virtuellen Kooperation/ Captive angeboten werden und erweitern bzw. adaptieren die bestehenden Geschäftsmodelle im Firmenkundengeschäft der Kreditinstitute.
Administrative Geschäftsprozesse in den Zahlungsverkehr und Rechnungswesen nahen Bereichen können innerhalb der Kreditinstitute professionell in den industrialisierten Abläufen der Finanzdienstleister abgewickelt werden. Auch kann die geographische Nähe zwischen Firmenkunde und Kreditinstitute aufgrund der weiterhin gewünschten persönlichen und direkten Beziehung und Ansprache für einen kleinen Anbieter- und Kundenkreis als vorteilhaft gesehen werden.
Kundenbindung entsteht durch Vertrauen und Mehrwerte
Erfolgreiche Geschäftsbeziehungen basieren auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis. Die Kreditinstitute befinden sich aufgrund einer jahrelang bestehenden Präsenz und Beziehung und einem gewissen Gefühl von Bestandssicherheit bei Finanzthemen in einer „Pole-Position“ für neue Angebote im Dienstleistungsbereich mit neuen Services und Lösungen. Rechnungsdaten, Zahlungsströme und Finanztransaktionen bedeuten für jedes Unternehmen und jede Person den Umgang mit sensiblen Informationen bzw. Daten. In der Regel liegen den Kreditinstituten diese Informationen in Form von Kontobewegungsdaten ausreichend vor, so dass die Hürde einer Bekanntgabe dieser sensiblen Daten gegenüber der eigenen Hausbank grundsätzlich nicht existiert. Durch die Erweiterung von Diensten, welche die Servicefähigkeit, die Professionalität oder die Usability der Firmenkunden steigert, verbessert sich zusätzlich durch die Mitwirkung und Unterstützung der Kreditinstitute auch die Bonität und Zahlungsfähigkeit der Firmenkunden. Dies verstärkt das bestehende Vertrauensverhältnis und erzeugt Mehrwerte bei den (End-)Kunden. Auf dieser Basis entstehen über die Zeit eine intensivere Kundenbindung und ein weiterer konsequenter Ausbau von Geschäftsbeziehungen zwischen Kreditinstituten und (Firmen-)Kunden.
Darüber hinaus können gemeinsame Geschäftsmodell für die Endkunden durch Integration der spezifischen Produkte kooperativ weiterentwickelt werden.
Gemeinsam kooperative Geschäftsfelder entwickeln
Eine wichtige, unabdingbare Voraussetzung ist, in einer entsprechenden Geschäftsstrategie festzulegen, welche Mehrwerte geschaffen werden sollen.
DieseVirtual Captive Geschäftsmodelle sind im kooperativen Strategieentwicklungsverfahren zwischen Firmenkunde und Kreditinstitute spezifisch am Endkundenbedarf und -potenzial und unter Berücksichtigung kollaborativer Technologien und Modelle und mit hoher Agilität zu entwickeln. Semiprofessionelle Initiativen und rein institutsspezifische Strategieentwicklungen ohne Berücksichtigung des Endkundenbedarfs und aktueller Geschäftsentwicklungen, erzielen im Erfahrungsgemäß keinen Erfolg (siehe Bild).
Kreditinstitute als Lösungsanbieter
Kreditinstitute schenken ihren Kunden Vertrauen. Den Zugang über Mehrwertdienste, die Firmenkunden noch enger zu binden, liegt nahe. Kreditinstitute können heute mehr mandantenfähige Services für ihre Firmenkunden konzipieren und entsprechende Skaleneffekte heben. Hierdurch sind weitere vertriebliche und regulatorisch gesicherte Auswertungen im Sinne von gemeinsamen Performanz-Steigerungen im Vertrieb und bei aufsichtsrechtlichen Meldungen abbildbar. Die Kreditinstitute können professionell und effizient Services anbieten, die bei den Firmenkunden zu mehr Nutzen, Profitabilität und Bonität führen. Die Pole-Position ist noch von den Kreditinstituten besetzt, aber ohne weitere Initiativen und Strategien in Gefahr auch hier an Wettbewerbsvorteilen zu verlieren. Es liegt in den Händen jedes einzelnen Kreditinstitutes, in wie weit Visionen und Strategien zukunftsgerichtet und ertragssteigernd mit ihren Firmenkunden zusammen gestaltet werden, um den kurz- und mittelfristigen Spagat zwischen unbefriedigender Zinslage und den digitalen Potenzialen mit weiteren erfolgreichen Geschäftsmodellen zu bewältigen.
Neue Services, neue Ertragschancen
Zusätzliche Services schaffen weitere Geschäftspotentiale bzw. zinsunabhängige Einnahmen. Ein Firmenkunde betreibt bisher die gesamten Verwaltungstätigkeiten in eigener Verantwortung. Die Rechnungstellung erfolgt in regelmäßigen Abständen, mitunter auch mit einigen Verzögerungen, vor allem bei Engpassen, in Urlaubssituationen und durch die Teilnahme an Messen. In der Prozesskette erfolgt die Steuerung und Sicherstellung des Zahlungseingangs mit zusätzlicher Verzögerung und bindet häufig überproportionale Mitarbeiterkapazitäten, die an anderer Stelle dringender benötigt werden. Die Folge ist, verspäteter Zahlungseingang, reduzierte Bonität, ressourcenaufwendige Abwicklung, etc..
Die benannten Tätigkeiten sind Standardprozesse im Bankwesen, die innerhalb der Kreditinstitute zeitnah und mit geringerem Aufwand professionell betrieben werden. Sekundäre Begleiterscheinungen treten auf, sofern die Rechnungstellung, die Zahlungsverfolgung und der Zahlungseingang durch die Hausbank erfolgt. Kunden ändern ihr Zahlungsverhalten durch die Mitwirkung eines Kreditinstitutes. Die Bonität des Firmenkunden erhöht sich. Die zusätzliche Transparenz über Zahlungsaußenstände und Geschäftsdaten ermöglicht den Kreditinstituten innerhalb ihres umfangreichen Netzwerks, durch die entsprechende Analyse und Bewertung von Informationen, eine verbesserte Lösungsqualität und Kundenbindung bei einer insgesamt optimierten Kostenstruktur.
Unsere Autoren: Ingrid Vollweiter & Bernhard Friedmann
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